Hvala!

Der Aufenthalt in Zagreb neigt sich dem Ende zu. Ich bin einen Riesenschritt vorangekommen mit der Übersetzung von Janko Polić Kamovs Roman Isušena kaljuža.

Ich habe mich sehr gefreut, dass sich einige KollegInnen, allesamt Mitglieder des kroatischen Literaturübersetzerverbands DHKP, mitten in ihrem stressigen Alltag die Zeit nahmen, meine Fragen zu beantworten. Und ich will mir jetzt die Zeit nehmen, ihnen zu danken.

Helen Sinković kenne ich ja schon lange, wir leiten seit 2017 gemeinsam die Vice-versa-Werkstätten D <> BKMS und haben die Auswahl für die nächste Werkstatt Ende Juni 2023 in Novi Sad hier tatsächlich einmal persönlich statt wie sonst über elektronische Wege gemeinsam getroffen. Und wir saßen mehrere lange Nachmittage zusammen und knobelten über Sätzen wie dass das sonntägliche Glück glitzert wie Bücherweisheiten oder Kleider alle gleich machen und was bitteschön die Kossaken in Kroatien zu suchen hatten. Und bei heute ungebräuchlichen Wörtern fiel ihr die Großmutter ein, die noch so geredet hat.

Mit Andy Jelčić konnte ich in einem Rutsch einen ganzen Stapel Fragen abhaken – mal entpuppte sich eine unauffindbare Vokabel als Dialektwort aus dem Zagorje, mal half er mir mit Querverbindungen aus der Patsche: In Kroatien wird der Bauer auf dem Schachbrett nämlich nicht geschlagen, sondern gegessen, und ich hatte eine fast kontextlose Stelle, in der Knöpfe gegessen werden. Was wir uns jetzt so zusammengereimt haben: Dorfkinder zeichneten ihr Mühlespiel mit dem Finger in den Sand und Knöpfe dienten als Spielfiguren. Und Andy wies mich im Zusammenhang mit der Frage nach dem Titel des Romans auf den Umstand hin, dass Anfang des 20. Jahrhunderts in der Gegend, in der Kamov aufgewachsen ist, große Sumpfgebiete trockengelegt wurden, um die Malaria auszurotten und um die Region für gut ausgebildete Bürgersöhne attraktiv zu machen. Das Bild muss sich ihm förmlich aufgedrängt haben als Metapher für die Abgründe von Seele und Gesellschaft.

Mit Snježana Božin diskutierte ich geschlagene zwei Stunden über die kraljevi narodne krvi – mit dieser Ausdauer bringen das, glaube ich, nur ÜbersetzerInnen fertig. Wir sehen uns im Juli in Berlin wieder, da ist sie Hausgast am LCB.

Damjan Francetić schließlich hat mal eben für mich zwanzig Wörterbücher in der Philfak gewälzt und mir damit einigermaßen die Sicherheit verschafft, dass zapjehati – das Wort kannte bisher wirklich noch niemand, und ich habe viele danach gefragt – offenbar verschütt gegangen ist im Kroatischen. Es kommt insgesamt fünf Mal im Roman vor und ist in seiner möglichen Bedeutung schon ein bisschen schillernd: Pferde tuns, das Universum, der Winter, Gefühle und Arsen, der Romanheld.

Und natürlich danke ich der Društvo hrvatskih književnih prevodilaca DHKP, die mir mit dem Residenzstipendium diese Gespräche erst möglich gemacht hat, diese und etliche Off-topic-Gespräche und -Treffen und – ebenfalls nur vor Ort möglich – die wertvollen Einblicke durch die Recherchen in HAZU und NSK, von denen ich schon berichtet habe.

Auch wenn ich sehr viel Zeit hier am Küchentisch verbracht habe – es war eine tolle Zeit!

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