Široka njegova crna pleća …

Breite seine schwarzen Schultern, wörtlich übersetzt. Nominativ Plural, Neutrum, pleća steht immer im Plural, es gibt keinen Singular. Die Wortstellung Breite seine, die wir im Deutschen genau anders herum erwarten, ist im Kroatischen nicht alltäglich, aber auch nicht ungewöhnlich, eher ein Zeichen von gehobener Sprache. In dem Text, an dessen Übersetzung ich gerade feile, gehören die schwarzen Schultern einem alten weißen Mann, beziehen sich also nicht auf die Hautfarbe.

Sondern auf die Kleidung: Janko Polić Kamov charakterisiert damit einen Chorherren, den Kanonikus. Wer dem Link hinter Kanonikus folgt oder in den Wikipedia-Artikel schaut, hat sofort das Bild vor Augen – dieser riesige, fast kreisrunde schwarze Kragen über dem langen weißen Hemd, der bis an die Ellbogen und vorne an den Bauchnabel reicht.

Zu Kamovs Zeit – er lebte 1886 bis 1910 – dürfte der Anblick etwas ganz Normales gewesen sein. Vor der Recherche zu den schwarzen Schultern habe ich noch nie bewusst einen Kanoniker gesehen, schon gar nicht auf der Straße. Übersetze ich breite schwarze Schultern mit breite schwarze Schultern, liest LeserIn bestenfalls drüber weg. Die Assoziationen laufen ins Leere.

Meine – vorläufige – Lösung: Dessen ausladender schwarzer Kragen –

Dessen, weil ’sein‘, so wie der Satz weitergeht, nicht eindeutig auf den Kanoniker bezogen gewesen wäre, ausladend, weil es nicht auf die Muskelmasse der Schultern, sondern auf die große Fläche ankommt, schwarz wie schwarz und Kragen, obwohl es sicher einen Fachausdruck gibt, der in einem Shop für Priesterkleidung zu erfragen wäre, aber vermutlich zu ungeläufig ist.

Ob es dabei bleibt, da bin ich mir nicht sicher – denn bei ausladenden Krägen kann man auch andere Bilder assoziieren. Das Problem ist klar, nicht so die Lösung. Dessen runder, über Rücken, Oberarme und Brust fallender schwarzer Kragen? Oder: Dessen runder, bis zur Taille reichender schwarzer Kragen? Könnte zu lang sein, zu erklärend. Zu viel studienrätinnenhafte Oberlehrung mit Lesebrille auf Nasenspitze. Vielleicht aber auch genau richtig.

Ich lass‘ es gären …

Und darf zu guter Letzt nicht vergessen, alle Stellen anzugleichen, an denen Kamov den Ausdruck aufgreift oder variiert.

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