Die Kennziffer Homerübersetzungen/Jahrzehnt ist, wie ausgeführt, ein brauchbarer Indikator für die Ausdifferenzierung des Buchwesens. Das Phänomen wirkt natürlich auf das Übersetzen zurück.
Wächst die Zahl der Übersetzungen eines und desselben Werkes, wächst die Zahl an Varianten, wie sich dieses Werk übersetzen lässt. Jede Epoche hat ihren Odysseus, und die Kinder haben noch mal einen extra.
Betrachtet man historische Übersetzungen der Odyssee, geht der Blick eher auf die Zeit, in der sie entstanden, als auf die Odyssee.
Betrachtet man Odyssee-Übertragungen aus verschiedenen Sprachen, richtet sich der Blick eher auf nationale Besonderheiten als auf die Odyssee.
Betrachtet man Übersetzungen, die mehr oder weniger zeitgleich entstanden, kommt das Potenzial von Übersetzung in den Blick. Sich vergleichen schärft das Bewusstsein.
Der Blick irrt über ein Meer von Möglichkeiten, erkennt die Klippen der Kommerzialisierung, die hermeneutischen Sandbänke heimtückischer Mehrdeutigkeit, den Sirenengesang säuselnder Phrasen, den Schlund des Verzweifelns an Wort und Syntax. Stichwort Skylla und Charybdis.
Penelope musste nachts auftrennen, was sie tags webte, um sich die Freier vom Leib zu halten.
Odyssee-Übersetzungen sind alle aus demselben Stoff, aber selbst beim millionstel Mal muss kein Webstück für einen neuen Versuch aufgetrennt werden.