Jer 23,33-40

Homonyme – also Teekesselchen – sind, wen wundert’s, ein Übersetzungsproblem. In der Übersetzung erkennt der Rezipient sie nicht mehr, sie können höchstens erklärt werden, und das ist in der Regel ziemlich kompliziert. Betrifft die Übersetzung einen heiligen Text, kann es mit der Verständlichkeit eng werden.

Im Alten Testament, im Buch des Propheten Jeremia, nutzt das hebräische Original die Doppelbedeutung von משא – es kann Spruch heißen, aber auch Last. Jer 23,33 verwendet in der ersten Satzhälfte die erste Bedeutung, in der zweiten die zweite: [Wenn dich einer fragt:] Was ist der Spruch Jahwes?, dann sollst du sagen: Was für eine Last?

In der Lutherbibel (revidierte Fassung von 1984) wird daraus: [Wenn dich einer fragt:] Was ist die Last, die der Herr jetzt ankündigt?, sollst du zu ihnen sagen: Ihr seid die Last […].

So befremdlich sich der Text für mich liest, die Übersetzung funktioniert, auch wenn sie nicht so elegant erscheint wie die der Septuaginta: Andreas Vonach lobt in seinem Aufsatz unter dem Titel Auch Übersetzer sind Literaten deren Entscheidung, an dieser Stelle λημμα zu verwenden, in dem sich tatsächlich beide Bedeutungen des hebräischen Originals vereinen, wenn auch nicht ganz so zwanglos.

Literatur

Andreas Vonach: Auch Übersetzer sind Literaten. Jer 23,33-40 als lebendiges Zeugnis des Diaspora-Judentums im hellenistischen Alexandrien. In: Robert Bollinger, Brigitte Truschnegg (Hg.): Altertum und Mittelmeerraum: Die antike Welt diesseits und jenseits der Levante. Festschrift für Peter W. Haider zum 60. Geburtstag. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2006, S. 549-560

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert