In den BKS-Sprachen ist das Wort kompozicija ein Teekesselchen: Einerseits Komposition in demselben Sinn, wie das Fremdwort im Deutschen und anderen europäischen Sprachen verwendet wird, andererseits Eisenbahnzug, weil die Waggons „komponiert“, sprich aneinandergehängt werden.
Darauf bin ich bei der Übersetzung von Jergovićs Walnusshaus grandios hereingefallen: Dass es sich um einen Zug handeln musste, war aus dem Zusammenhang klar, aber ich vermutete – und fand die Vermutung auf der Seite von Eisenbahnfans bestätigt – eine lokale Besonderheit, eine Bezeichnung nur für den historischen Zug, der von der Küste nach Sarajevo fuhr, und das wegen der großen Steigung auf der Strecke bergan im Schritttempo, was Jergovićs Protagonisten dazu verführt, auszusteigen und ein großes Geschäft zu verrichten, in der – trügerischen – Gewissheit, den Zug locker einzuholen. Als er die Hose zuknöpft, hat der Zug den Scheitelpunkt passiert …
Klarer Fall, dachte ich, bosnischer Jargon aus der Zeit der österreichischen Annektion, hab nicht weiterrecherchiert und das Wort 1:1 mit Komposition übersetzt.
Als ich dann eine Erzählung von Dragan Velikić für das Schreibheft übersetzte, die in einem Zug spielt, fuhr mir ein recht grobes Wort durch den Kopf, denn der Zug, ein ganz normaler Zug der 1980er oder auch 1990er Jahre, wurde mal mit vlak – das Wort kannte ich schon lange -, mal mit kompozicija bezeichnet.
Seufz.
In der Übersetzung von Jergovićs Die unerhörte Geschichte meiner Familie habe ich es dann besser gemacht.