Der Aufschwung, den Übersetzungen seit der Renaissance erleben, verdankt sich weniger der geistigen Erneuerung als Gutenbergs Tüftelei. Nach jahrelangen Versuchen und Fehlversuchen war sein Handgießgerät, mit dem sich Drucktypen beliebig oft herstellen lassen, ausgereift, nicht zu vergessen das Drumherum, das Drucken mit beweglichen Lettern erst ermöglicht. Vom Winkelhaken, auf dem der Setzer die Buchstaben zeilenweise entsprechend dem Manuskript sortiert, bis zum Tampon aus Hundsleder, bei dem sich die Druckfarbe nicht durch die Poren ins gepolsterte Innere verflüchtigt, sondern, da der Hund keine Schweißdrüsen hat, auf der Oberfläche bleibt und sich ohne Verlust auf den Satz reiben lässt.
Kurz: Es ist der technische Umbruch von der mittelalterlichen Schreibstube zur Offizin der frühen Neuzeit, der die Zahl der Translationen in die Höhe treibt.
Wahrscheinlich jeder Fortschritt im Bereich Vervielfältigung ließ ihre Zahl weiter und immer noch weiter steigen, und jeder löste seinerseits weitere Entwicklungen aus, solche, die gewollt oder zumindest einkalkuliert worden waren, wie auch solche, die keiner vorhersah oder auch nur vorsehen hätte können.
Die Erfindung des Holzschliffs, der für billiges Papier und die Abholzung weiter Waldflächen sorgte, mag in mehreren europäischen Sprachen rund ein Dutzend neue Anrufungen der Muse getriggert haben. Schnellere Pressen, Rotationsdruck, Offsetverfahren, Klischees, Frankfurter Buchmesse, Urheberrecht usw. usf. schickten ganze Flotten von Neuübersetzungen los.
Und das Internet? Vielleicht schippern bald mehr Odysseen über den Okeanos als dessen Gestade Sandkörner zählt …