ÜbersetzerInnen wirken nur in den eigenen Sprachraum. Diese triviale Einsicht dämmerte mir beim Nachdenken über Nietzsches Notizen zu Übersetzern wie Leopardi: Er rezipiert sie, aber nicht als Übersetzer. Warum auch.
Trivialitäten fliegen meistens unter dem Radar. Die naheliegendst schwerwiegendste Schlussfolgerung aus der genannten Selbstverständlichkeit: Das ist eine der großen Trennlinien zwischen Original und Übersetzung.
Die Zunft, die den Schreibenden ihre potenziell übernationale Geltung verschafft, kann diese auf der individuellen Ebene nicht für sich selbst erwarten.
Womöglich ist es eine Art heimlicher Revanche, dass sich immer wieder mal nationale Sonderwege bei der Rezeption bestimmter Autoren beobachten lassen. Ist ja zumindest denkbar, dass solche landestypischen Traditionen von einer Übersetzung ausgehen.
Um diese vage formulierte Vermutung mit einem Beispiel zu unterfüttern: In Deutschland war die Rezeption von A Sentimental Journey Through France and Italy von Lawrence Sterne sehr gefühlsbetont, in Frankreich wurde eher der bissige Humor des Romans goutiert.
Die Übersetzung ist gewissermaßen das Auge, auf dem die sprachübergreifende Literaturbetrachtung blind ist.